W. Lorenz
Institut
f�r Theoretische Chirurgie, Marburg
Klinische Algorithmen als Probleml�sungsstrategien stehen nicht f�r sich allein, sondern sind Teil eines Selbstverst�ndnisses der Medizin: wollen wir Technik oder Wissenschaft? Wollen wir Leitlinien oder individuelle Entscheidungsfindung? Wollen wir Fremdbestimmung im Top-Down approach oder Abstraktion von tats�chlichen F�llen aus dem klinischen Alltag im Bottom-Up approach? Wollen wir schlie�lich den Beweis jedes Schrittes im klinischen Algorithmus durch Evidence-based medicine oder Best-evidence synthesis mit einem hohen Stellenwert der Intuition?
Diese Fragen erkl�ren auch die Reaktionen der Kliniker auf klinische Algorithmen: sie sind au�erordentlich gespalten und teilweise hoch aggressiv. Viel beruht auf Mi�verst�ndnissen, deshalb m�ssen Inhalt und Format von Algorithmen erl�utert werden. Dann erst k�nnen die Vorteile erkannt werden: Probleme werden anschaulicher, Unge�bte begreifen und l�sen schneller und umfassende Probleme, Unterschiede von Kliniken werden in der CASA- und CAPA-Analyse deutlich, neue Wege werden kreativ geschaffen.
Die Nachteile der Algorithmen sind ebenso deutlich: Experten vertrauen mehr der schnellen Intuition als dem systematischen Wiederk�uen von Selbstverst�ndlichem, die Medizin wird vermathematisiert, es gibt mehrere Wege, eine Katze zu h�uten, Leitlinien engen ein, Fachfremde bestimmen mit und das Leitlinienformat erzeugt Aggressionen, die psychologisch tief verwurzelt sind.
Der unterschiedliche Wert der Intuition in verschiedenen Kulturen wird erl�utert. Er ist der Schl�ssel zum Verhalten gegen�ber Algorithmen.