Antibiotika - Therapie


Klinik f�r Chirurgie und Chirurgische Onkologie

Universit�tsklinikum Charit�

Campus Buch

Robert-R�ssle-Klinik

Direktor: Prof. Dr. med. Peter M. Schlag

Virchow Klinkum

Humboldt Universit�t zu Berlin

M�rz 1994


Antibiotika-Prophylaxe

Allgemeines

Folgende Grunds�tze gelten f�r die Antibiotika-Prophylaxe:
a) Indikation: Bei sicherer oder wahrscheinlicher intraoperativer Kontamination, oder bei Implantation von Fremdmaterialien
b) Es wird grunds�tzlich eine Eindosisprophylaxe ("single shot") durchgef�hrt. Dabei sollte eine einzelne therapeutische Dosis ca. 1 Std. vor Op.-Beginn, sp�testens mit Narkoseeinleitung gegeben werden. Nur bei besonderer Indikation, z. B. bei OP-Zeiten �ber 4 Stunden oder Blutverlusten �ber 2 Litern, ist die Gabe einer 2. Dosis 6 Std. nach der 1. Dosis indiziert. Dies wird vom Operateur spezifisch angeordnet.
c) Die Antibiotikaprophylaxe wird im Allgemeinen mit Spizef� durchgef�hrt, sofern hierf�r keine Kontraindikation von Seiten des Patienten oder von Seiten des zu erwartenden Keimspektrums vorliegt. Sonderegelungen werden durch den Operateur mitgeteilt oder sind bei den Organlokalisationen aufgelistet.

Soll die Antibiotika-Prophylaxe wirksam sein, so sind diese Kriterien unbedingt einzuhalten, insbesondere ist darauf Wert zu legen, da� die erste Applikation noch vor Operationsbeginn, also mit Narkoseeinleitung, erfolgt.

 
Magenchirurgie

Die breite Anwendung von H2-Blockern hat die Einsch�tzung der Antibiotika-Prophylaxe in der Magenchirurgie ge�ndert; entsprechend der durch sie bewirkten S�ureblockade ist bei allen lumener�ffnenden Mageneingriffen mit einer potentiellen Kontamination zu rechnen. Eine wesentliche Voraussetzung zur Antibiotika-Prophylaxe ist damit gegeben.

Die Durchf�hrung der Prophylaxe erfolgt mit jeweils 2 g Spizef� i.v..
Sollte sich intraoperativ ein Befund ergeben, der einer Antibiotika-Therapie bedarf - lokale oder diffuse Peritonitis - so erfolgt eine Therapie mit Rocephin�.

 
Gallenchirurgie/D�nndarmeingriffe

Die "normale" Cholecystektomie und Gallengangsrevisionen bed�rfen keiner Antibiotika-Prophylaxe. Elektive D�nndarmeingriffe bed�rfen ebenfalls keiner Antibiotika-Prophylaxe.

 
Colon-Chirurgie

Antibiotika-Prophylaxe

Erste Applikation: mit Einleitung der Narkose 2 g Spizef�
Zweite Applikation: nur auf Anordnung, 6-8 Std. nach der ersten Applikation in gleicher Dosierung
Betr�gt am Ende einer Operation der gesch�tzte Blutverlust mehr als 2 Liter, so ist eine zus�tzliche Applikation von 2 g Spizef� am Ende der Operation erforderlich.
Sollte sich unerwartet intraoperativ ein Befund ergeben, der eine Antibiotika-Therapie notwendig macht, z. B. Peritonitis, wird auf Rocephin�/Clont� �bergegangen (vergl. "Antibiotika-Therapie")


Trinklavage und orthograde Darmsp�lung mit Golytely Trinkl�sung

Indikation: prinzipiell jeder Eingriff, der zu einer Colon- oder Rektum-Anastomose f�hrt. Dies betrifft somit alle resezierenden Eingriffe an Colon oder Rektum mit Ausnahme der abdominoperinealen Rektumresektion.
a)    Trinklavage (normales Vorgehen):
Soweit nicht anders verordnet, trinken die Patienten in 2-3 st�ndigem Abstand 3 bis maximal 5 l der k�hlen (nicht kalten) bis k�rperwarmen L�sung (10 Uhr, 13 Uhr, 16 Uhr, ggf. mehr, bis der Stuhl klar wird).
b)    Orthograde Darmsp�lung (wenn der Patient nicht in der Lage ist, die Trinklavage durchzuf�hren):
Die Patienten erhalten �ber eine Magensonde per Tropfinfusion in etwa 4 Stunden 4-6 l der L�sung verabreicht. Die Anwendungsdauer richtet sich nach der ausreichenden Reinigung des Darmes.
In beiden F�llen ist um 18 Uhr und am n�chsten Tag, vor OP-Beginn eine Elektrolytkontrolle durchzuf�hren.

Gegenanzeigen:
-  Ileus
-  hochgradig stenosierende Prozesse im Sigma und Rektum
-  Zust�nde mit akuter Perforationsgefahr bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
-  dekompensierte Herz- und Niereninsuffizienz

 
Eingriffe am Bewegungsapparat

Allgemein gilt, da� eine Antibiotika-Prophylaxe bei elektiven Eingriffen nicht erforderlich ist!
Eine Antibiotika-Prophylaxe ist nur indiziert:
a)    bei Eingriffen mit prothetischem Material (z.B.: TEP)
b)    bei Rezidiv-Eingriffen
c)    bei ausgedehnten Eingriffen mit komplizierten Rekonstruktionen (z.B. myocutane Lappenplastiken)

Durchf�hrung: 1 x 2 g Spizef� praeoperativ i.v., sp�testens bei Narkose-Einleitung. 

zu a) und b):  in Abh�ngigkeit vom Blutverlust (> 2 l) kann eine zweite Applikation 6-8 Std nach der ersten erforderlich sein.
zu c):  wegen der ausgedehnten Wundfl�chen und gro�fl�chigen Kontaminationsm�glichkeit wird eine erweiterte Prophylaxe mit Zinacef� (3 x 1,5 g/d �ber 5 Tage) vorgenommen.

 

Antibiotika-Therapie

Allgemeines

Folgende Richtlinien gelten f�r den Fall der unmittelbar notwendigen Sofort- bzw. Blindtherapie. In den allermeisten F�llen handelt es sich dabei um eine kalkulierte Therapie, d. h., die Antibiotika-Therapie ist gegen die wahrscheinlichen Erreger zu richten. Vor Beginn der sogenannten kalkulierten bzw. blinden Antibiotikatherapie mu� f�r die Abnahme eines repr�sentativen Untersuchungsmaterials (Trachealsekret, Urin, Blut etc.) Sorge getragen werden. 

Nach Vorliegen des Antibiogramms wird die Antibiotika-Therapie den neuen Ergebnissen angepa�t.


Antibiotika-Therapie der Peritonitis

Die Peritonitis bedarf grunds�tzlich der chirurgischer Intervention (Sanierung der Ursache, abdominelle Lavage, Drainage).
Bei Diagnosestellung wird umgehend die Antibiotikatherapie begonnen, die bis zum Vorliegen des Antibiogramms mit Rocephin� (2 Tage 1 x 4 g danach jeweils 1 x 2 g/d) und Clont� (3 x 500 mg/d) durchgef�hrt wird.

 
Antibiotika-Therapie bei akuter Cholecystitis und Cholangitis

Die blande Cholecystolithiasis, ebenso wie die Choledocholithiasis ohne anamnestisch dokumentierbare und klinisch zu erhebende entz�ndliche Ver�nderungen, ben�tigen keine Antibiotika-Therapie.

Bei Cholecystitis mit Verdacht auf ein Gallenblasenempyem wird, soweit nicht unmittelbar eine Op.-Indikation gegeben ist, bis zur Operation mit Rocephin� (2 Tage 1 x 4 g, danach jeweils 1 x 2 g/d) behandelt.
Der Verdacht auf das Vorliegen einer Cholangitis rechtfertigt ebenfalls eine Monotherapie mit Rocephin�.

 
Antibiotika-Therapie bei Eingriffen am Bewegungsapparat

Nach Objektivierung eines Infektes (BKS-Erh�hung, Temperatur, Eiter, infiziertes Haematom) im Bereich des Skelett-Systems ist eine chirurgische Intervention erforderlich. Eine zus�tzliche antibiotische Therapie wird, wenn erforderlich, (Prothesenimplantation) bis zum Erregernachweis mit Zinacef� (3 x 1,5 g f�r geplant zun�chst 5 Tage) durchgef�hrt.

 
Antibiotika-Therapie des Harnwegsinfektes

Die Diagnose eines Harnweginfektes mu� durch klinische Symptomatik und Ver�nderungen des Urinsedimentes best�tigt werden. Als antibiotisches Initialtherapeutikum ist Cotrimoxal� (3x1 Tbl.) vorgesehen. Bei Vorliegen einer Kontraindikation gegen Sulfonamide ist Tarivid� p.o. (2x200 mg) einzusetzen.
Noch vor der Antibiotika-Therapie ist Urin f�r den bakteriologischen Erregernachweis zu gewinnen. Eine eventuelle Umstellung der Antibiotika erfolgt nach Antibiogramm.

 
Antibiotika-Therapie der pulmonalen Infektion

Der nachgewiesene pulmonale Infekt rechtfertigt die Antibiotikatherapie. Der Nachweis erfolgt r�ntgenologisch bei Vorliegen eines klinischen Korrelates. Bis zum Eintreffen des Antibiogramms gelten folgende Richtlinien:
a)  Pneumonie: Pipril� (3 x 4 g/d)
b)  schwere Pneumonie (auf ITS erworben): Pipril� (3 x4 g/d) + Gentamycin� (1 x 240 mg/d, Spiegelbestimmung erforderlich).
c)  Aspirationspneumonie: Pipril� (3 x 4 g/d) + Clont� (3 x500mg/d).

 

Reserveantibiotika

Die folgenden Antibiotika sind als Reserveantibiotika zu betrachten, d.h. sie sollten nur eingesetzt werden, wenn:

  1. eine lebensbedrohliche Infektion vorliegt,
  2. der verursachende Keim bekannt ist und dessen Resistenzmuster die Verwendung von Standardantibiotika ausschlie�t
    oder
    der klinische Verlauf unter Therapie mit Standardantibiotika auf ein Nichtansprechen dieser Therapie schlie�en l��t.

Die Therapie mit Antibiotika dieser Klasse bedarf ober�rztlicher Indikationsstellung.

Zu den Reserveantibiotika z�hlen:

Zienam� (Imipenem): breitestes Spektrum gegen sowohl grammpositive wie grammnegative Keime, nicht wirksam gegen oxacillinresistente S. aureus - nicht sicher wirksam gegen Pseudomonas spezies.

Targocid� (Teikoplanin): Staphylokokkenspezifikum, insbesondere bei Oxacillin-resistenten Staphylokokken wirksam.

Vancomycin� (Vancomycin): wie Teikoplanin

Ciprobay� i. v. (Ciprofloxacin): Breitspektrumantibiotikum mit guter Pseudomonas-wirksamkeit.

Tarivid� i.v. (Ofloxacin): wie Ciprobay

Fortum� (Ceftazidim): Cephalosporin mit Wirkungsschwerpunkt im grammnegativen Bereich, insbesondere Pseudomonasspezies

Sobelin� (Clindamycin): gute Weichgewebs- und Knocheng�ngigkeit, Staphylokokken und Anaerobierinfektionen.