Perioperative Blutzuckerregulation bei Typ–II Diabetikern durch exogenes Glucagon-Like-Peptide
Einleitung Die Zahl der Patienten mit Typ- II Diabetes nimmt im chirurgischen
Krankengut stetig zu. Postoperativ führen vermehrt auftretende Wundheilungsstörungen
und thrombembolische Komplikationen zu einer erhöhten perioperativen Morbidität.
Die im Postaggressionstoffwechsel (PAS) auftretenden meist längerfristigen
Hyperglykämien sind wegen einer relativen Insulinresistenz schwer zu beherrschen.
Eine adäquate Blutzuckersenkung in den Normbereich wie sie nach der van
den Berghe- Studie derzeit gefordert wird, birgt bei einer intensivierten Insulintherapie
ständig die Gefahr einer kritischen Hypoglykämie. Das Inkretinhormon
Glucagon- like- Peptide 1 (GLP-1) stimuliert streng glucoseabhängig die
Insulinsekretion aus dem Pankreas, so dass hypoglykämische Phasen ausbleiben.
Ziel der prospektiv- randomisierten klinischen Untersuchung war ein GLP-1 Wirkungsnachweis
auch im PAS. Material und Methode Bei 8 Patienten (m=5, w=3, Alter 42 ±
12 J., BMI 28 ± 3 kg KG/m², HbA1C 8.0 ± 1.9 %) mit Typ- II
Diabetes wurde postoperativ nach großen traumatologischen, gefäßchirurgischen
und abdominalchirurgischen Operationen in randomisierter Reihenfolge an zwei
Versuchstagen GLP-1 oder Albuminlösung über 8 h gegeben. Die intravenöse
Applikation von GLP-1 (1.2pmol . kg-1 . min-;1) erfolgte zwischen dem 2. und
8. postoperativen Tag über 8h. Unter der jeweiligen Infusion wurden in
einer 30 minütigen Zeitkinetik die Plasmakonzentrationen von Glukose (Glukoseoxidase-
Methode), Insulin, Glukagon, C- Peptide und GLP- 1 (Immunoassay) gemessen. Die
Statistik erfolgte mittels Mehrfachanalysen (ANOVA) und Duncan`s post- hoc tests.
Ergebnisse Unter der GLP-1 Infusion wurden die Plasmablutzuckerkonzentrationen
innerhalb von 150 min in den normoglykämischen Referenzbereich signifikant
im Vergleich zu Placebo gesenkt (p<0,001). Korrespondierend hierzu stiegen
die Serumkonzentrationen von Insulin und C-Peptid signifikant an (p<0,001),
einhergehend mit einer Suppression der Glukagonsekretion (p<0,05). Eine Hypoglykämie
trat bei keinem Studienteilnehmer auf. Schlussfolgerung Die Ergebnisse zeigen
einen Wirkungsnachweis von GLP-1 auch im PAS. Die Normalisierung des Blutzuckers
scheint dabei im wesentlichen durch eine Stimulation der Insulinsekretion und
durch eine Suppression der Glucagonsekretion hervorgerufen zu werden. Hierin
besteht auch die Überlegenheit von GLP-1 gegenüber einer alleinigen
Insulintherapie. Ein wesentlicher Vorteil ist aber zweifellos die glukoseabhängige
Wirkung, da auch unter einer GLP-1 Dauerinfusion bei gleicher Konzentration
in keinem Fall eine hypoglykämische Episode auftrat. Eine perioperative
normoglykämische Stoffwechsellage senkt signifikant die postoperative Morbidität
und Mortalität (van den Berghe et al, N Engl J Med 2001). GLP-1 kann somit
eine neuartige wesentliche Therapieoption zur perioperativen antidiabetischen
Therapie darstellen.