Einladung zum Symposium |
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Am Ausgang des 20. Jahrhunderts befindet sich die Medizin in einem umgreifenden Wandel. Dieser wird nicht nur geprägt durch sozioökonomische Zwänge, die ihren Ausdruck u. a. im GSG erfahren. Die stattfindenden Veränderungen sind auch medizinisch grundlegend und werden vor allem durch die moderne Molekularbiologie und Informationstechnik bestimmt. Auch die Chirurgie kann sich diesen Entwicklungen nicht entziehen. Die sich hieraus ergebenden Perspektiven sind allerdings nicht unproblematisch und induzieren teilweise Horrorvisionen. Da die Entwicklungen an sich aber nicht rückgängig zu machen sind, helfen Sandkastenspiele apokalyptischer Reiter nicht weiter. Es gilt vielmehr, kritisch die sich abzeichnenden Möglichkeiten zu analysieren und ihre Gefahrenpunkte zu definieren, um so die weitere Entwicklung patientengerecht zu lenken.
Die Symposiumsreihe `Chirurgie im 21. Jahrhundert' will sich dieser Aufgabe stellen. Als erste Thematik wurde der Einfluß der rasant sich entwickelnden Informationstechnik auf das Fachgebiet Chirurgie gewählt. Bereits heute werden Score-Systeme zur Objektivierung der perioperativen Intensivüberwachung- und therapie getestet. Inwieweit diese in computerisierte Entscheidungsalgorithmen auch unter Berücksichtigung der Individualität des Patienten einzubauen sind, ist nur eine der aktuellen Kontroversen. Durch moderne Datenverarbeitung wird die unübersichtliche Fülle von Meßparametern und Befunden eines Patienten besser strukturiert und mittels Telekommunikation praktisch überall verfügbar gemacht. Die Information betrifft hierbei nicht nur die Präsentation von Zahlenmaterial, sondern schließt audiovisuelle Signale inclusive Online-3D-Bilddarstellung mit ein. Ob durch die Telemedizin Doppel- und redundante Untersuchungen relevant vermieden und damit die Wirtschaftlichkeit sowie Ergebnisqualität der operativen Therapie gesteigert werden, bleibt strittig. Skeptisch wird derzeit meist auch eingeschätzt, inwieweit Verfahren der Telepräsenz und Teleinteraktion für die operative Medizin von Vorteil sind. Vor allem Entwicklungen in Richtung chirurgischer Robotik stoßen dabei besonders häufig auf allgemeine Ablehnung.. Andererseits zeichnet sich ab, daß durch Computersimulation sowie Virtual and Augmented Reality in Einzelbereichen eine exaktere Operationsplanung und -durchführung möglich wird und Grundlage sein könnte, Ausbildung und Training an Simulatoren, ähnlich, wie es aus der Flug- und Raumfahrt bekannt ist, zu optimieren.
Das Symposium soll Auskunft über den derzeitigen aktuellen Stand der skizzierten Ansätze geben und die hierauf basierenden neuen Entwicklungen beschreiben. Ziel ist, daß die Auseinandersetzung mit der Thematik kritisch betrieben wird und neben den unmittelbaren medizinischen auch die ärztlichen, ethischen, ökonomischen und rechtlichen Aspekte ausreichend zu Wort kommen. Die Weiterentwicklung in der Chirurgie mit den sich eröffnenden neuen Perspektiven am Ausgang dieses Jahrhunderts wird sich nicht durch einseitiges Behaupten oder Ablehnen vorhandener oder zukünftiger Technologien vollziehen, sondern in einem offenen Dialog, der Tradition und Zukunftsperspektive sorgfältig abwägt und aufgreift.
Ich würde mich freuen, wenn Sie durch Teilnahme am Symposium aktiv diesen wichtigen Prozeß für unser Fachgebiet mitgestalten.
Prof. Dr. P. M. Schlag
© 1997
Tel.: +49 30 9417 1400
Letzte Änderung: 9.5.97
Marion Henschel
Virchow - Klinikum
Medizinische Fakultät Charité der
Humboldt - Universität zu Berlin
Robert-Rössle-/Franz-Volhard-Klinik
Abt. Chirurgie und Chirurgische Onkologie
Lindenberger Weg 80
D - 13122 Berlin
Fax: +49 30 9417 1404