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Berliner Morgenpost
vom 1.9.99

Der informierte Patient

Robert-Rössle-Klinik der Charité beschreitet neue Therapiewege

Von Renate Kingma

Schon immer hat es unter Fachleuten Meinungsverschiedenheiten darüber gegeben, ob ein Patient bei einer schweren Erkrankung eher Schonung vor der Wahrheit und medizinische Fürsorge brauche, oder ob nicht seine aktive Mitarbeit für den Genesungsprozess unentbehrlich ist.

Die Robert-Rössle-Klinik der Charité in Buch setzt konsequent auf den zweiten Weg, weil, so [...] Prof. Peter Schlag, «Patienten, die sich aktiv mit ihrer eigenen Erkrankung auseinandersetzen, sich hiervon nicht in die Ecke drängen lassen, sich wohler fühlen und eine bessere Lebensqualität aufweisen.»

Lebensqualität ist ein neuer Maßstab bei der Therapie von Kranken, auch wenn ihre Krankheit unheilbar ist. Strahlentherapie und Tumorchirurgie sind zwar die wichtigsten Maßnahmen, mit denen Krebskranken heute geholfen werden kann. Aber zahlreiche Studien belegen, dass das subjektive Wohlbefinden deutliche Auswirkungen auf objektive Messdaten haben kann, zum Beispiel, wie lange ein Patient in der Klinik bleiben muss, wie gut sich sein Immunsystem erholt oder wie früh er sich selbst aufgibt. Und man weiß, dass eine Therapie, die für den Kranken unerträglich wird, ihn psychisch so ruiniert, dass er sie abbrechen muss.

Aber was ist Lebensqualität, und wie kann man sie erfassen? Heute versteht man darunter neben dem körperlichen auch das psychische Wohlbefinden, die soziale Eingebundenheit in ein privates und berufliches Umfeld und innere Harmonie, der Glaube an ein Lebensziel.

Mit Hilfe von standardisierten Fragebögen und Interviews, die von den Patienten selbst zu beantworten sind, hat man in letzter Zeit den Begriff «Lebensqualität» recht gut erfassen können. Einige Ergebnisse aus einer Fülle unterschiedlicher Studien: Wenn Frauen mit Brustkrebs an der Entscheidung über die Art der Operation mitbeteiligt werden, erholen sie sich schneller.

Wenn Krebspatienten nach der Operation einige Wochen lang an einer Gruppenpsychotherapie teilnehmen, verbessert sich ihr Immunsystem und ihre Überlebenszeit. Angst und Depression nehmen ab, ihr Vertrauen in die Therapie nimmt zu. Nehmen Patienten nach einer Knochenmarktransplantation täglich an der Bewegungstherapie teil, empfinden sie weniger Schmerzen, brauchen weniger Schmerzmittel und werden schneller entlassen.

Aus all diesen und anderen Studien hat die Robert-Rössle-Klinik den Schluss gezogen, dass sie künftig ihre Patienten stärker zu der aktiven Bewältigung ihrer Krankheit motivieren will.

«Umfangreiche Studien aus den 80er und 90er Jahren besagen, dass eine Krebserkrankung für viele Betroffene ein Gefühl von Kontrollverlust auslöst, das Empfinden, das eigene Leben entgleite ihnen», erläutert Professor Schlag. «Wenn man ihnen die Möglichkeit gibt, sich zu informieren, sei es über Ernährung, Entspannung oder sozialrechtliche Ansprüche, gibt man ihnen das Gefühl, die verlorene Kontrolle zurückzugewinnen.»

Das Programm PIA (Patienten Informiert und Aktiv) wird ab dem heutigen Tag (1. September) von einem interdisziplinären Arbeitsteam umgesetzt: Zwei Ärzte, eine Psychologin, eine Physiotherapeutin, eine Diätassistentin, eine Sozialarbeiterin und ein Zivildienstleistender als Koordinator werden mit den Patienten arbeiten. Jeden Tag steht ein anderer Programmpunkt auf der Tagesordnung. Vorträge, Bewegungs- und Entspannungstraining, Ernährungsinformationen, soziale Unterstützung wechseln ab mit gemütlichen Patiententreffs, kulturellen Veranstaltungen, Anleitung zum kreativen Gestalten, Bücherverleih.

Aber wollen Patienten überhaupt wissen, wie es um sie steht? Professor Schlag: «In unserem Patientenprogramm geht es nicht darum, Patienten rückhaltlos zu informieren, also ihnen Informationen überzustülpen, sondern ihnen die Möglichkeit zu geben, sich so viel Information zu holen, wie sie selbst glauben, verkraften zu können. Jeder kann ablehnen, was er nicht wissen will, oder heraussuchen, was ihm wichtig ist.»

Schwerpunkt ist aber nicht Ablenkung, sondern Mitarbeit: Wie man mit der Krankheit leben und wie man sie bekämpfen kann. Denn nur ein informierter Patient kann an seiner Gesundung mitarbeiten (Compliance) und mit ihr leben (Coping). Wer sich passiv in sein Schicksal ergibt, lässt seinen Körper von den Schmerzen regieren und schwächt seine Lebenskräfte, bis der Tod der einzige Ausweg aus einem unerträglichen Leben wird.


Ein wertvolles Angebot

Das Programm der Robert-Rössle-Klinik in Buch ist ein wertvolles Angebot für Patienten im Berliner Norden», sagt der Vorsitzende der Berliner Krebsgesellschaft, Prof. Klaus-Peter Hellriegel vom Tumorzentrum Moabit. «Psychosoziale Betreuung von Krebspatienten gibt es in den Tumorzentren im West-Teil der Stadt schon seit vielen Jahren.» Mit seinem täglich wechselnden Angebot sei es aber vielleicht das intensivste, was in Berlin angeboten wird. Wichtig sei zudem, dass sich die Teilnehmer auch von der Nachsorge in den Selbsthilfegruppen überzeugen lassen. «Das Projekt in Buch wird für das nördliche Berliner Umland eine Lücke schließen», so Hellriegel.
Kingma
      Pressespiegel


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letzte Aktualisierung:
18.04.02
Charité

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Klinik